Kaum sitzen wir beim Arzt, zückt der auch schon den Rezeptblock. Gefördert wird dieses Verhalten von der Pharmaindustrie, die mit allen Mitteln an das Beste des Patienten möchte – sein Geld. Was können wir als Patienten tun, damit wir nur die wirklich notwendigen Medikamente schlucken? Gibt es Alternativen und wann sind diese wirklich sinnvoll?
Weniger Medikamente
Tipps aus dem Buch von Harald Walach
Wir schlucken so viele Medikamente, dass die Nebenwirkung von Medikamenten mittlerweile in den USA zur siebthäufigen Todesursache geworden ist. Könnte man hier nicht eingreifen? Was und wieviel ist überhaupt gut für mich?
Wieviel vertragen Sie?
Wir beginnen mit einem einfachen Beispiel, dem Alkohol. Alkohol ist eine chemische Substanz, die Wirkungen auf unseren Körper zeigt. Sicher kennen Sie Menschen, die eine ganze Menge davon vertragen. Und Sie kennen auch Menschen, die nach einem Glas nicht mehr klar denken können. Warum? Das Nervensystem gewöhnt sich an die Substanz und die Leber wächst mit ihren Aufgaben, wie man so schön sagt. Trinken wir regelmäßig, so produziert sie mehr der Enzyme, die den Alkohol abbauen. Aus diesem Grund fragt Sie der Anästhesist im Krankenhaus auch nach Ihrem Alkoholkonsum und ich empfehle Ihnen, hier wahrheitsgemäß zu antworten! Die individuelle Narkosedosis wird nämlich genau berechnet und Alkohol-feste Menschen bauen viele Medikamente schneller ab.
Wenn Sie beim Arzt eine Schmerztablette oder Antibiotika verschrieben bekommen, dann richtet die Dosis sich danach, ob Sie erwachsen oder ein Kind sind. Wir Menschen dosieren unseren Alkoholkonsum sensibler als die Einnahme der gängigsten Medikamente! Und gegen die Nebenwirkung des Medikamentes bekommen Sie ein – Medikament!
Wer profitiert?
Wen unterstützen Sie so großzügig durch die Medikamenteneinnahme? Das sind zunächst die Pharmahersteller, die Arzneimittel verkaufen. Als nächstes folgen die Medizingerätehersteller, die Ihren Herzschrittmacher, das Blutzuckermessgerät und das künstliche Kniegelenk herstellen. Viele Kliniken sind mittlerweile in privater Hand und verdienen ebenfalls am System. Die Krankenkassen brauchen das Geld der Patienten zur Erhaltung ihrer eigenen Strukturen, die nicht selten gestrafft werden könnten. Und der Arzt verdient am Patienten, vor allem, wenn er jeden Tag möglichst viele Patienten behandelt. Zeit ist knapp. Deshalb erhalten Sie einen Händedruck und ein Rezept.
Mittlerweile versuchen verschiedene Behörden, den Verschreibungswahn auf ein gesundes Maß zusammenzustreichen. Es werden Studien analysiert um zu beweisen, ob ein Medikament den Menschen wirklich etwas bringt oder nicht – aber dank Lobbyarbeit kommt man hier nicht wirklich voran. Hinzu kommt, dass die Pharmaunternehmen nur die positiven Studien veröffentlichen. Wenn ein Medikament in einer Studie keinen brauchbaren Effekt zeigt, dann verschwindet diese in der Schublade des betreffenden Pharmakonzerns. Und wenn ein Medikament im Handel dann doch zu schweren Nebenwirkungen und Todesfällen führt, dann dauert es lange, bis endlich reagiert wird.
Lebensstil ändern bringt oft mehr
Gerade wenn es um Bluthochdruck, Altersdiabetes und die Erkrankungen rund um das metabolische Syndrom geht, so würde eine Änderung des Lebensstils dem Patienten mehr bringen als die Medikamente der Pharmaindustrie. Wir alle wissen, dass dies nicht leicht ist. Viele Menschen scheitern an ihren guten Vorsätzen – und das immer wieder. Hinzu kommt, dass z.B. die Einnahme eines Cholesterinsenkers zu Muskelschmerzen führen kann, was den Patienten kaum motiviert, sportlich aktiv zu werden. So gelangen die Menschen in einen Teufelskreis. Wäre es nicht besser, wenn der Arzt mehr Zeit für den Patienten hätte, um ihn bei dem schwierigen Vorhaben zu unterstützen? Und wenn es ein Rezept für einen persönlichen Sporttrainer statt für einen Medikamentencocktail aus fünf bis sieben Pillen gäbe? Das käme langfristig auf jeden Fall günstiger.
Was kann ich tun?
Man kann nicht auf alle Medikamente einfach verzichten, das ist gefährlich. Aber man kann die Dosis und die Menge durchaus hinterfragen. Wer entschlossen ist, Sport zu machen, sollte den Cholesterinsenker wirklich hinterfragen. Ein junger Diabetiker muss seinen Blutzucker auf die empfohlenen Werte senken, um Langzeitschäden an Sehnerv und Niere vorzubeugen. Solche Schäden treten nach frühestens 15 Jahren auf. Ein 70-Jähriger darf also einen etwas höheren Blutzucker haben, denn erst mit 95 würde er unter Nierenproblemen leiden. Trotzdem ist es lukrativ für die Pharmaindustrie, auch diesen Patienten niedrig einzustellen. Damit riskiert man aber Unterzuckerung. Stürzt der alte Mensch und zieht sich eine schwere Fraktur zu, so ist dies häufig der Anfang vom Ende. Er muss liegen und baut ab. Da wäre ein etwas höherer Blutzuckerwert gesünder gewesen!
Hinterfragen Sie die Maßnahmen, die Ihr Arzt Ihnen empfiehlt und informieren Sie sich. Seien Sie ein unbequemer Patient. Holen Sie eine Zweitmeinung ein, wenn Sie unsicher sind. Aber seien Sie nicht nachlässig mit Medikamenten, die Sie wirklich benötigen. Auch hier spielen Sie mit Ihrer Gesundheit.
Viele weitere Geschichten aus der Welt des Gesundheitssystems finden Sie im Ratgeber „Weg mit den Pillen!: Selbstheilung oder warum wir für unsere Gesundheit Verantwortung übernehmen müssen – Eine Streitschrift“ von Harald Walach.
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