Meditation steht häufig ein wenig in der Ecke der Esoterik, manche Menschen können mit der Idee nicht viel anfangen. Dem Mediziner Jon Kabat-Zinn ist es zu verdanken, dass Meditation und Achtsamkeit immer öfter als hilfreiche Methoden bei chronischen Krankheiten eingesetzt wird. Der heutige Tipp verrät Ihnen, was hinter dem Kürzel MBSR zu finden ist.
Was ist MBSR?
Tipps aus dem Buch von Jon Kabat-Zinn
MBSR steht für „Mindfulness-Based Stress Reduction“, also für Stressbewältigung durch die Praxis der Achtsamkeit. Jon Kabat-Zinn ist emeritierter Professor für Medizin an der Universität von Massachusetts. Von Massachusetts aus hat sich MBSR weltweit verbreitet und findet auch in Deutschland immer mehr Anhänger.
Das Besondere an dem Programm ist, dass es weltweit in einer einheitlichen Kursstruktur gelehrt wird und deshalb mittlerweile wissenschaftlich gut untersucht ist. Um von den Vorteilen der Meditation zu profitieren, muss man keiner bestimmten Esoterikrichtung anhängen und seinen Glauben wechseln. Jeder kann für sich Vorteile daraus ziehen, wenn er regelmäßig übt.
Die Bestandteile eines MBSR-Kurses
Der Patient spielt eine wichtige Rolle bei der Genesung und muss aktiv mit die Verantwortung übernehmen. Jon Kabat-Zinn nennt das auch partizipatorische oder einbeziehende Medizin. Daher wird auf die gute Beziehung zwischen Arzt und Patient Wert gelegt. Wichtig ist auch, dass der Patient den Hintergrund des Programmes versteht, denn er selbst muss regelmäßig aktiv werden im Programm. Das Erlernen von Achtsamkeit ist zentral. Wie es eine Kursteilnehmerin ausgedrückt hat:
Einfach nur Augenblicke, einen nach dem anderen, anstatt ein Leben lang auf die Zukunft zu warten.
Im Laufe des Kurses treffen sich die Teilnehmer einmal wöchentlich. Sie unterbrechen das Tun des Alltags und erleben das erste Mal eine Meditation, tauchen also in das Hier und Jetzt ein. Statt von einer Aktion in die andere zu rennen, einfach mal eine Stunde lang nur sein. Im Beobachten der Gedanken lernen die Teilnehmer eine wichtige Lektion: Wir alle sind häufig mit unseren Gedanken in der Vergangenheit oder in der Zukunft unterwegs, das Leben findet aber jetzt statt. Und während wir die Vergangenheit noch einmal in Gedanken durchleben, verpassen wir das Leben.
Wer einmal einen Tag lang beobachtet, wo sich die eigenen Gedanken so herumtreiben, der wird erstaunt sein! Fast immer geht es um verpasste Chancen in der Vergangenheit und um die Pläne für die Zukunft. Wir leben und sind in unserem eigenen Leben nicht anwesend. Dadurch sind wir in unserem eigenen Körper ebenfalls nicht anwesend. Wir laufen als Autopiloten durch die Gegend. So verspannt sich unser Körper und reagiert früher oder später mit Schmerzen.
Die erste Achtsamkeitsübung beginnen die Teilnehmer gemeinsam mit dem Verspeisen von drei Rosinen. Die Rosine wird angeschaut, befühlt, dran gerochen, dann erst in den Mund genommen. Wie oft essen wir, ohne dass das Essen wirklich stattgefunden hat? Nach und nach kann man mehr Achtsamkeit im Alltag üben. Beim Raustragen des Mülls, bei alltäglichen Dingen. Das Leben besteht aus vielen Augenblicken.
Das vielleicht Schwierigste am MBSR-Programm ist das Durchhalten. Schließlich muss man täglich etwas tun, bis zu 45 Minuten meditieren, beim Müllraustragen achtsam sein … so mancher denkt sich, dass er heute vielleicht keine Lust hat! Jon Kabat-Zinn empfiehlt seinen Patienten, für die Dauer des Programms die Einstellung eines Hochleistungssportlers anzunehmen. Der trainiert nicht nur bei gutem Wetter, er trainiert immer, auch wenn er gerade keine Lust hat oder er lieber etwas anderes täte. Wenn Sie sich also für MBSR oder ein ähnliches Programm entscheiden, dann müssen Sie durchhalten: Sie müssen es nicht gerne tun, aber Sie müssen es tun. Erst nach den acht Wochen überlegen Sie, ob Ihnen das Programm was gebracht hat oder nicht. Da die meisten Kursteilnehmer an chronischen Schmerzen leiden oder sonst eine Motivation haben, bringen viele von ihnen diese Disziplin auch auf. Sechs Tage die Woche sollten Sie üben, am besten immer zur gleichen Tageszeit und an einem Ort, wo Sie sich wohlfühlen.
Im MBSR-Programm werden verschiedene Meditationsformen eingesetzt. Neben der bekannten Sitzmeditation versucht das Programm auch zu erreichen, dass der Patient mit seinem Körper wieder in einen besseren Kontakt kommt. Dazu dienen die Methode des Body-Scan und einige Yoga-Übungen. Beim Body-Scan spürt man in der Meditation den einzelnen Körperregionen intensiv nach. Beim Yoga wird darauf geachtet, dass die Teilnehmer die Grenzen ihres Körpers auf keinen Fall überschreiten.
Der Ablauf der acht Wochen im Überblick
In den ersten beiden Wochen wird der Body-Scan geübt, man soll sich täglich 45 Minuten Zeit nehmen. Zusätzlich führt man täglich 10 Minuten lang eine Sitzmeditation durch, möglichst zu einer anderen Tageszeit. Der Teilnehmer soll versuchen, Routineaufgaben achtsam zu verrichten. Außerdem sollte der Teilnehmer versuchen, einmal in der Woche eine Mahlzeit achtsam zu essen.
In der dritten und vierten Woche wechseln sich einfache Hatha-Yoga-Übungen mit dem Bodyscan ab. Die Sitzmeditation wird beibehalten und nach und nach auf bis zu 30 Minuten ausgedehnt. In Woche drei soll man sich jeden Tag ein angenehmes Erlebnis bewusst machen, es bewusst erleben und hinterher notieren. In der vierten Woche wiederholt man die Übung mit einem belastenden Erlebnis.
In der fünften und sechsten Woche fällt der Body-Scan aus, dafür wird die Sitzmeditation auf 45 Minuten ausgedehnt, im täglichen Wechsel mit Yoga-Übungen. Es gibt verschiedene Übungsvarianten, die man ausprobieren darf.
Während es zu Beginn noch Unterstützung von diversen CDs gibt, wird in der siebten Woche auf jede Hilfe von außen verzichtet. Täglich wird 45 Minuten geübt, man darf zwischen Sitzmeditation, Body-Scan und Hatha-Yoga frei wählen und die Methoden auch kombinieren.
In der achten Woche wird noch einmal mit CDs gearbeitet. Man hat Abstand gewonnen und erlebt die Übungen aus einem neuen Blickwinkel.
Viele weitere Tipps und konkrete Fallbeispiele und Anweisungen finden Sie im Ratgeber “Gesund durch Meditation: Das große Buch der Selbstheilung mit MBSR” von Jon Kabat-Zinn.
Jon Kabat-Zinn hat nun sein wichtigstes Buch einer gründlichen Überarbeitung unterzogen. Bei dieser einzigen vollständigen Ausgabe sind alle wissenschaftlichen Daten auf den neuesten Stand gebracht und sämtliche relevanten Forschungsergebnisse zum Thema Meditation berücksichtigt worden. Für alle, die sich intensiv mit der MBSR-Methode befassen wollen, ist dies das unverzichtbare Standardwerk.
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