Bakterien und Sauberkeit im Alltag

Hygiene wird heutzutage großgeschrieben, wir desinfizieren und putzen, was das Zeug hält. Wo früher ein einfaches Spülmittel verwendet wurde, muss heute ein Desinfektionsmittel her. Aber ab wann ist steril zu viel? Was ist noch gesund? Im heutigen Artikel geht es um die gesunde Balance – im Haushalt und im menschlichen Darm.

 

Was bedeutet gesunde Sauberkeit?

Tipps aus dem Buch von Giulia Enders

Je höher die Hygienestandards in einem Land sind, desto mehr Allergien und Autoimmunkrankheiten gibt es dort. Je steriler ein einzelner Haushalt ist, desto eher haben dessen Bewohner Allergien und Autoimmunkrankheiten. (Giulia Enders)

Gutes und Schlechtes

Die meisten Bakterien, die es auf dieser Welt gibt, schaden dem Menschen nicht. Das sind etwa 95 Prozent. Einige Bakterien sind für uns sogar ausgesprochen nützlich, sie schützen die menschliche Haut und siedeln sich in unserem Darm an. Trotzdem wischen, putzen und desinfizieren viele von uns, was das Zeug hält. Mit Erfolg: während vor dreißig Jahren nur jeder Zehnte unter einer Allergie litt, ist es heute jeder Dritte.  Trotz unserem Putzwahn ist die Zahl der Infektionen nicht deutlich gesunken.

Natürlich hat die Hygiene dem Menschen zunächst Gesundheit gebracht, wenn man an die Zustände und Seuchen des Mittelalters zurückdenkt. Jedoch ist es nicht gesund, wenn man es übertreibt, da dann das gelangweilte Immunsystem sich neue Feinde sucht.

Wasser mit einem Tropfen Reinigungsmittel ist für die allermeisten Putztätigkeiten völlig ausreichend. Die Bakterien sollen nämlich nicht alle entfernt werden, sondern nur auf ein für uns gesundes Maß reduziert werden.

Obst und Gemüse sollten gründlich unter fließendem Wasser gewaschen werden, denn meist wird zur Düngung Gülle, also Tierkot eingesetzt. Und in der heutigen Tiermast werden damit auch Bakterien übertragen, die gegen Antibiotika resistent sind.

Bakterienschleuder Nummer eins

Alles Waschen und Spülen nutzt nichts, wenn man einen Schwamm oder ein Küchentuch verwendet, dass wegen des häufigen Einsatzes kaum zwischendurch trocknen kann. Küchenschwämme sind daher die übelsten Bakterienschleudern in deutschen Küchen. Verwenden Sie lieber ein Tuch und achten Sie unbedingt darauf, dass dieses auch regelmäßig vollständig trocknet.

Hauthygiene

Heutzutage cremen und duschen wir wie die Weltmeister. Dabei sollten wir beachten, dass zu häufiges Waschen, gerade der Hände, auch Nachteile hat: Der natürliche Fettfilm der Haut wird zerstört und es siedeln sich erst recht Bakterien an. Verwenden wir dann gegen die Trockenheit der Haut eine Handcreme, so schließen wir die Bakterien auch noch in der Haut ein, dass sie nicht mehr abgetragen werden. Dies bedeutet nicht, dass wir uns nie mehr waschen sollten, aber die man sollte darauf achten, dass die Haut genügend Zeit hat, sich zwischendurch zu erholen und den natürlichen Schutzmantel wieder aufzubauen. Sonst erreicht man genau das Gegenteil von dem, was man erreichen wollte: In der trockenen Haut stehen erst recht Tür und Tor offen für Bakterien.

Sauberkeit im Darm

Woraus besteht der Stuhlgang des Menschen? Was viele nicht glauben würden: Ein Drittel besteht aus Darmbakterien. Den Rest teilen sich die Ballaststoffe des Essens und sämtliche Substanzen, die der Körper über den Darm ausscheidet. Daher bedeutet Sauberkeit im Darm, dass er die richtigen Bakterien beherbergt und keinesfalls frei von Bakterien ist. Das Gleichgewicht ist relevant.

Wer häufig Antibiotika einnehmen muss, der stört das Gleichgewicht empfindlich. Hinzu kommt, dass sich einige der überlebenden Bakterien Resistenzen aneignen, die sie an andere Bakterien weitergeben können. Bakterien, die für uns und unsere Verdauung gut sind, dürfen sich „Probiotika“ nennen. Gerichte mit hilfreichen Bakterien darin sind zum Beispiel Sauerkraut oder Creme fraiche. Früher machte man saure Gurken noch mit der Hilfe von Bakterien haltbar, heute benutzt man Essig. Nur wenige der Bakterien kommen im Darm lebend an, da sie von der Magensäure zerstört werden.

Wer seine Darmflora fördern möchte, sollte sich Probiotika in der Apotheke besorgen. Dies ist insbesondere bei einer Darmgrippe oder nach einer Antibiotikagabe hilfreich. Jedoch enthalten die verschiedenen Produkte auch unterschiedliche Bakteriensorten und es gibt Hinweise darauf, dass nach Absetzen des Produktes die alte Darmflora wieder zurückkehrt.

Viele weitere Tipps und Erklärungen rund um den Darm finden Sie im Ratgeber „Darm mit Charme“ von Giulia Enders.

Darm mit Charme: Alles über ein unterschätztes Organ  Ratgeber von Giulia Enders: Ausgerechnet der Darm! Das schwarze Schaf unter den Organen, das einem doch bisher eher unangenehm war. Aber dieses Image wird sich ändern. Denn Übergewicht, Depressionen und Allergien hängen mit einer gestörten Balance der Darmflora zusammen. Das heißt umgekehrt: Wenn wir uns in unserem Körper wohl fühlen, länger leben und glücklicher werden wollen, müssen wir unseren Darm pflegen. Das zumindest legen die neuesten Forschungen nahe. In diesem Buch erklärt die junge Wissenschaftlerin Giulia Enders vergnüglich, welch ein hochkomplexes und wunderbares Organ der Darm ist. Er ist der Schlüssel zu einem gesunden Körper und einem gesunden Geist und eröffnet uns einen ganz neuen Blick durch die Hintertür.
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